Wissenswertes

Das Wort Krippe, vom althochdeutschen „Krippa“ oder mittelhochdeutschen „Kripfe“ heißt eigentlich „Futtertrog“. Krippen sind ein kunstgeschichtlicher Sonderfall, da sie keinen klar definierbaren Ausgangspunkt haben, ihre Herkunft und Entwicklung auf verschiedene Wurzeln zurückgeht. Der Ursprung liegt wohl in der Aufforderung der großen Kirchenväter, sich am biblischen Hirtenwort zu orientieren: „Lasst uns nach Bethlehem gehen, um das Ereignis zu sehen (Lk 2,15)“. Da dies aus verschiedenen Gründen real nicht möglich war, musste ähnlich wie beim Kreuzweg visueller Ersatz gefunden werden.

Vielfach wird der heilige Franziskus mit seiner lebensgroßen Weihnachtsdarstellung aus dem Jahre 1223 als Begründer der Krippenkultur gesehen, was geschichtlich nicht ganz korrekt ist. Nach Meinung zahlreicher Kunstexperten haben sich die mannigfachen Krippendarstellungen aus dem Brauch entwickelt, große Festereignisse künstlerisch darzustellen und biblische Geschichten dem oft leseunkundigen Volk anschaulich näher zu bringen.

Die Geburtsstätte der Krippe liegt dabei im innerkirchlichen Raum. Über die Herrschaftshäuser der Fürsten und Adeligen und deren Hofkapellen gelangten sie jedoch rasch in private Behausungen und so entstand der Brauch der Hauskrippe. Dadurch vollzieht sich der entscheidende Wandel, dass die Weihnachtskrippe zu einer primären Angelegenheit des Volkes wird und die kirchliche Bedeutung stark zurückgeht. Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts treten anstelle der orientalischen Motive heimatliche Landschaft und Holzfiguren in den Vordergrund. Das Verbot von Kirchenkrippen durch Kaiser Josef II. aus dem Jahr 1782 verstärkte diese Entwicklungen. Da sich der Krippenbrauch nicht mehr aus der Volksseele verdrängen ließ, wurde das Verbot 1804 wieder aufgehoben.

Die heute stark einsetzende vielfache Krippenbegeisterung steht eigentlich im krassen Gegensatz zu der allgemein diagnostizierten „Erosion des Glaubens“. Auch Menschen, die ansonsten der Kirche eher distanziert gegenüberstehen, empfinden beim Betrachten von Krippenmotiven eine besondere Ausstrahlung und Mystik. Krippen sind die plastische Darstellung der Menschwerdung Gottes in der Gestalt von Jesus Christus. Dieser menschgewordene Gott war in historischer Zeit einmal da und ist es im Selbstverständnis der gläubigen Christen immer noch, aber unsichtbar. Die eigentliche Aufgabe und Herausforderung von Krippendarstellungen ist es, den Eindruck der leiblichen Präsenz von Christus zu vermitteln, sodass eine bildliche Vorstellung von seiner Gegenwart entsteht. Diese optische Vorstellung soll jedoch nicht die Illusion von realer Präsenz erzeugen, sondern das Wissen um die Verborgenheit des Abgebildeten artikulieren – dienlich als visuelle Kommunikation des christlichen Glaubens oder als Predigt für das Auge. Die Symbolkraft lässt sich auch anhand der unverzichtbaren Figuren von Ochs und Esel in dem Sinnspruch erklären, dass dort an der Krippe für alle, die danach suchen, (geistiges) Futter zu finden ist.

 

FASTENKRIPPEN

Ostern ist nicht nur die Zeit, um bunte Eier zu suchen und dem Osterhasen zu huldigen, es ist vor allem die Zeit, wo wir uns an den Leidensweg und die Auferstehung von Jesus Christus erinnern. Seit Anfang des 7. Jahrhunderts gilt der kirchlich begangene Aschermittwoch als Beginn der vierzigtägigen Osterfastenzeit. Mit dem Palmsonntag geht sie in die Karwoche (kara = Wehklage, Trauer) über und findet in Ostern, dem eigentlichen Hochfest der Christenheit, ihren Höhepunkt.

Fasten- und Osterkrippen sollen den Betrachter an den Leidensweg, den Kreuzestod und die Auferstehung Christi erinnern. Ihren Anfang nahmen sie im 14. und 15. Jahrhundert, einer Zeit, von der man sagt, dass sie so tief wie keine andere in die Passion des Herrn geschaut hat. Die ersten sogenannten „Ernsten Krippen“ entstanden aus dem Impuls, die Kreuzzüge und Wallfahrten ins Heilige Land möglichst anschaulich miterleben zu können. Ab dem 17. Jahrhundert begann dann die eigentliche Blütezeit der Oster- und Fastenkrippen, weil eben die großteils leseunkundige Bevölkerung die Ereignisse der Karwoche vor Augen haben wollte.

In traditionsverbundenen Bauernfamilien waren solche oft aufwendig gestaltete Krippen kostbare Familienerbstücke. Sie bekamen einen Ehrenplatz in der Wohnstube, man betrachtete sie und betete davor. Im Laufe der Zeit gerieten die Fastenkrippen in Vergessenheit. Einerseits befassen sich Krippenfreunde lieber mit der fröhlichen Weihnachtsbotschaft, andererseits sollte das Passionsgeschehen zur sinnvollen Wiedergabe aus mindestens 30 Figurengruppen bestehen, was sehr aufwendig ist. Dazu kommt die Tatsache, dass sich in heutiger Zeit die Auseinandersetzung mit Trauer und Tod oft in einem Verdrängungsprozess äußert und dadurch der Zugang zum Mysterium des Todes Christi erschwert wird.

Erst in den letzten Jahren haben diese Krippen wieder eine Art Renaissance erfahren; viele Künstler und Krippenvereine nehmen sich des Themas an. Der Form nach gelten sie als „faule“ Krippen, das heißt, die Elemente sind fest eingebaut, kleiner dimensioniert, aber auch handlicher. Im Unterschied zur Weihnachtskrippe gibt es hier keine um einen Mittelpunkt gruppierte Wechselszenen, die sich um einen Mittelpunkt gruppieren. Der Leidensweg ist meist stufenförmig gestaltet nach Art der Kalvarienberge und wird dadurch unvermeidlich zu einer Simultankrippe, die oft vom Gott-Vater-Bild gekrönt wird.

Die Privatsammlung Dr. Mayer im Krippenmuseum am Birglhof ist in ihrer Vielfalt und Dimension steiermarkweit beinahe einzigartig und zeigt einen umfassenden Überblick über diese Form der Krippendarstellungen. Besuchen Sie unsere Ausstellung und erhalten Sie einen intensiven Eindruck zur Fasten- und Osterzeit.